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Mauseloch

Braune Ökologen

Rechtsextremes Getümmel im grünen Mäntelchen

Rechtsextreme, die sich gegen Gentechnik wehren, sich an Anti-Atom-Protesten beteiligen und biologische Landwirtschaft betreiben, sind „braune Ökologen“.

Auch in aktuellen Parteiprogrammen wenden sich Rechte gegen Gentechnik in Lebensmitteln sowie gegen Massentierhaltung und Tierversuche. Das wachsende Umweltbewusstsein der Bevölkerung soll gezielt zu Propagandazwecken ausgenutzt werden.

So abwegig die Idee auf den ersten Blick sein mag, Nazis und Ökos in einen Sack zu stecken: Dort wird Natur- und Umweltschutz zu Heimatschutz, der aber die völkische und nationalistische Abschottung gegenüber allem Fremden meint.
Es wird gesunde Nahrung und gentechnikfreie Landwirtschaft zum Zwecke des Erhalts der Deutschen Rasse propagiert. Positionierungen gegen Gentechnik, Atomenergie und gegen eine industrialisierte Landwirtschaft mit dem Ziel des Erhalts des „Volkskörpers“. Die Angst vor einer „jüdischen Weltelite“. Autarkie und die Unabhängigkeit von anderen Staaten durch regionale Wirtschaftskreisläufe.
Ähnlich verhält es sich bei gebietsfremden Arten, hier sprechen rechtsextreme Naturschützer:innen von Fremdlingen, Plagen oder Eroberern.
Die eigentliche Botschaft ist, dass das Fremde, ob Mensch, Tier oder Pflanze, die heimische Natur bedroht.

Der Braune Sumpf quakt gerne Sprüche wie „Schutz der Doitschen Heimat“. Und findet so auch Gehör, in der Nation der Dichter und Denker.
Die menschenverachtenden Absichten werden hinter dem Einsatz für Natur und Umwelt versteckt. Daher ist auch der Ökolandbau für rechte Bewegungen ein interessantes Umfeld.
Nichts neues, richtig. Vielleicht schon seit der Erfindung des Rads. Spätestens seit der Industrialisierung.
Bereits 1935 erließen die Nationalsozialisten das Reichsnaturschutzgesetz, das Heimat- mit Naturschutz verband und Elemente der „Blut-und-Boden-Ideologie“ beinhaltete. Die NPD hatte 1973 den Punkt „Volksgesundheit und Umweltschutz“ in ihrem „Düsseldorfer Programm“ und wollte mittels ökologischer Bildung die „Volksgesundheit“ der Deutschen erhalten.

Studie "Braune Ökologen"

„Braune Ökologen“

heißt die lesenswerte Studie der Heinrich-Böll-Stiftung.

Sie zeigt auf, wie sich Rechtsextreme gegen grüne Gentechnik wehren, biologische Landwirtschaft propagieren und sich in der Bio-Szene breit machen.
Die verschiedenen Autoren geben einen bundesweiten Überblick, ordnen die Öko-Nazis historisch ein und zeigen am Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns, wie diese Unterwanderung konkret aussieht: Die Nazis gründen Bio-Höfe und Siedlungsprojekte in der Tradition germanischer Landnahme, engagieren sich sozial vor Ort und arbeiten in Initiativen etwa gegen Schweinemastanlagen mit. Die Studie warnt auch davor, dass die braunen Ökos Zugang zu den regionalen Produktions- und Vertriebsnetzen des Bio-Fachhandels suchen.

-> zu den „Braunen Ökologen

Ausgelöst durch diese Studie des BÖLW im Juni 2012 wurde eine bundesweite Diskussion. Mit welchen Ergebnis?

Bioland sprach sich zügig und deutlich gegen Rechts aus: „Der Verband ist parteipolitisch, weltanschaulich und konfessionell unabhängig. Bioland tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen und anderen diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen entschieden entgegen. Der Verein tritt Bestrebungen entgegen, welche die ökologische Landwirtschaft mit solch extremem Gedankengut verbinden.“

Seit 2015 findet sich in der Satzung des Demeter e.V.: „Der Verein tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen und anderen diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen entschieden entgegen. Der Verein tritt Bestrebungen entgegen, die die ökologische Lebensmittelwirtschaft mit extremistischem Gedankengut verbinden.“

Der Stand der Dinge ist nicht der aktuellste. Hat jemand neue Informationen, gerne eine Nachricht an mich, danke.

Ebenfalls lesenswert:
Der „Spiegel“ über Braune Bio-Kameradschaft

Die „Süddeutsche“ über Idylle in Grün-Braun

Aus dem Nähkästchen

Begriffserklärung: Xenophobie

Der Ausdruck setzt sich zusammen aus den griechischen Begriffen xenos (Fremder; Gast) und phobos (Angst). Xenophobie bedeutet eigentlich „Fremdenangst“ wird oft mit „Fremdenfeindlichkeit“ gleichgesetzt. Xenophobie beschreibt eine ablehnende Haltung gegenüber andersartigen Personen. Dazu zählt die Ausländerfeindlichkeit, aber auch die Ablehnung von Personen anderer Glaubensauffassung, anderer sozialer Schichten etc.
Damit Du auch künftig dem Kind einen Namen geben kannst 😉

Momo in den 1980ern

Schon damals führten wir bei Momo Debatten über Braune Ökologen und informierten über die Rechte Szene in unserer Region, zumal damals mensch nicht einfach mal googlen konnte um Adressen, Hilfe, Schutz, Informationen zu finden, da war noch investigative Recherche angesagt.

Einst stand bei Momo regelmässig ein Fahrzeug mit getönten Scheiben auf der gegenüberliegenden Strassenseite; typisch unauffällig bespitzelte uns der Verfassungsschutz. Zur Zeit des Deutschen Herbst keine Seltenheit, was linke Projekte anging. Sicherlich wurde Momo in Augen des Staatsschutzes als verfassungsfeindlich eingestuft, sympathisierten manche Momos öffentlich mit den Gefangenen der RAF. Dazu muss der Leser wissen, dass damals Isolationshaft für Terroristen zur Tagesordnung gehörte, von wegen es gäbe keine Folter in Deutschland. Keine Entschuldigung der Morde der RAF, gewaltiger Irrweg, Gewalt ein Irrweg.

Wenig später, klingt fast witzig, stehen die gleichen Fahrzeuge vor unserer Tür um uns vor dem Rechten Mob zu schützen, denn es wurden häufig Anschläge auf Momo verübt. Zerstochene Reifen am Transporter, Nazi-Parolen und Symbole auf unseren Schaufensterscheiben waren keine Seltenheit. Zumal ein Drahtzieher der Szene direkt gegenüber Momo wohnte.

Ein Brandanschlag auf einen anderen Bioladen wurde nicht der rechten Szene zugeordnet; für uns fraglos, daraus resultierend die gehörige Investition, unsere riesigen Schaufenster durch Panzerglas zu ersetzen.
Allerdings sagten mir die zivilen Beamten, persönlich, wir seien „selber Schuld“ da wir öffentlich Stellung bezögen; durch unsere „Propaganda gegen Rechts“, in Form von öffentlichen Demonstrationsaufrufen gegen Rechts sowie des Verkaufs einschlägiger Zeitschriften, könne man für unseren Schutz nicht garantieren.
Mir fehlen die Worte. Zivil-Courage mit Füssen treten, nichts gelernt aus der Geschichte.

Und zum Schluß, ein Zitat von Bert Brecht, Buch der Wendungen

„Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen zum Selbstmord treiben, durch Arbeit zu Tode schinden, einen in den Krieg führen usw.
Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“